Transformation & Digitalisierung der Verteilnetze- Part 3
Dritter Part unserer Reihe Transformation & Digitalisierung der Verteilnetze. Wir widmen uns im letzten Part Lösungen im Rahmen der Digitalisierung. Den ersten Part gab es am 20. August, den zweiten Part am 27. August zu lesen.
Wie kann Digitalisierung helfen?
Neben dem physischen Ausbau der Stromnetze mit neuen Leitungen und Transformatoren ist die Digitalisierung eine wichtige Säule des künftigen Netzbetriebs. Es gilt, möglichst effizient die fluktuierende, dezentrale Stromerzeugung mit dem -bedarf in Einklang zu bringen. Hierfür stehen eine Reihe verschiedener Technologien zur Verfügung, die jeweils unterschiedliche Ausbauszenarien in der Messtechnik als Grundlage benötigen.
Allerdings stehen Investitionen in den Ausbau der Messtechnik und Digitalisierung der Netze im Wettbewerb zu ihrem physischen Ausbau. Laut einer Untersuchung der Stiftung Umweltenergierecht aus dem Jahr 2020 werden im Rahmen der Anreizregulierungsverordnung (ARegV), die die Netzentgelte festlegt, Maßnahmen für die Digitalisierung schlechter gestellt als der Ausbau neuer Leitungen.
Mit dieser Herausforderung müssen Netzbetreiber leben und ihre Netze für eine Zukunft mit mehr dezentralen, fluktuierenden erneuerbaren Energien und mit mehr elektrischen Verbrauchern fit machen. Die Digitalisierung bietet ihnen hier unterschiedliche Möglichkeiten.
Prozessdigitalisierung
Durch die Digitalisierung zahlreicher Aufgaben und Betriebsabläufe können Netzbetreiber ihre Arbeit vereinfachen, optimieren und damit skalieren.
Anmeldeportale im Netz verringern die Bearbeitungszeiten zum Anschluss neuer Erzeugungsanlagen (z. B. PV-Anlagen) oder Verbraucher (Ladestationen und Wärmepumpen). Elektriker können neue Anlagen schneller anschließen und Kunden freuen sich über kurze Wartezeiten für die Genehmigung. Paragraph 8 des EEG 2023 verpflichtet Verteilnetzbetreiber, ihren Kunden eine Online-Plattform für die Anmeldung neuer PV-Anlagen zur Verfügung zu stellen. Viele Unternehmen sind dieser Pflicht inzwischen nachgekommen.
Sensorik und Messtechnik
Moderne Messtechnik ist ein essenzieller Beitrag zur Netzzustandsermittlung. Anhand umfangreicher Messungen in einzelnen Netzabschnitten und Ortsnetzstationen lässt sich die aktuelle Auslastung des Netzes ermitteln. Verteilnetzbetreiber können mit diesen Daten den Zustand aller Komponenten im Netz überwachen und Aktivitäten messen sowie einzelne Prozesse gezielt steuern.
Der Ausbau der intelligenten Messsysteme ist eine wesentliche Grundlage für Transparenz im Stromnetz und eine intelligente Netzsteuerung. Smart-Meter schaffen die Voraussetzung für eine schnellere Integration neuer Erzeuger und Verbraucher. Durch ihre Daten ist ein gezielter Ausbau der Stromnetze dort möglich, wo es besonders wichtig ist.
Künstliche Intelligenz
Messtechnik im Verteilnetz und bei den Verbrauchern kann mit Smart-Metern riesige Mengen Daten sammeln. Dadurch steigt die Bedeutung einer Auswertung der Daten, die nur mit künstlicher Intelligenz möglich ist. Sie leistet einen wichtigen Beitrag für eine effiziente Netzplanung und für den Betrieb durch optimierte Steuerung und Nutzung der Netze.
Künstliche Intelligenz sorgt auch für eine Verbesserung der Zuverlässigkeit des Stromnetzes. Sie kann die Widerstandsfähigkeit gegen Störungen und Ausfälle verbessern sowie Ausfälle von Anlagen vorhersagen.
Mit Hilfe künstlicher Intelligenz können Netzbetreiber den dezentralen Betrieb der Erzeugungsanlagen mit Wind- und Solarenergie regeln und den Einsatz von Energiespeichern im Netz optimieren. Ein Forschungsprojekt am Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE hat das Potenzial für einen automatisierten Netzbetrieb mit fluktuierenden Einspeisungen und Lasten, Wartungsarbeiten und Angriffen gezeigt.
Digitaler Zwilling
Ein virtuelles Abbild des Stromnetzes oder einzelner Anlagen, das mit Geodaten und realen Betriebsdaten, idealerweise in Echtzeit, verknüpft ist, kann eine wichtige Hilfe für eine effiziente Netzplanung sein. Dieses Abbild wird als digitaler Zwilling bezeichnet und kann dazu beitragen, Prozesse zu verbessern und geplante Änderungen oder die Belastbarkeit des Netzes zu simulieren. Verteilnetzbetreiber können einen digitalen Zwilling für ganz unterschiedliche Anwendungen einsetzen.
Eine wesentliche Aufgabe ist die Darstellung des aktuellen Zustands im Netz mit realen Daten, wie Netzparameter, Last- und Verbrauchswerte. Eine andere Anwendung ist die Simulation der Folgen eines zunehmenden Ausbaus von PV-Anlagen, Batteriespeichern, Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur. Daraufhin kann eine bedarfsgerechte Planung des Netzausbaus erfolgen.
Sie können die Daten automatisiert auswerten und die Nachfrage nach Elektromobilität oder Strom für die Wärmepumpe vorherzusagen. So können sie schon zu einem frühen Zeitpunkt potenzielle Überlastungen des Netzes erkennen und entsprechend reagieren.
Es muss aber nicht bei der Prognose bleiben. Sie können auch für die Netzsteuerung große Datenmengen über Stromverbrauch und -angebot in Echtzeit verarbeiten. Damit ist ein gezielteres und automatisiertes Last- und Einspeisemanagement möglich und Fehler können frühzeitig erkannt werden, wie z.B. mithilfe des digitalen Zwillings von enersis. Dieser wird bei einem der größten Netzbetreiber Deutschlands eingesetzt und hilft seit Einsatz zur Steigerung der Effizienz und Planbarkeit der Netze.
Fazit
Mit zunehmendem Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der kleinen Photovoltaikanlagen, im Verteilnetz und einem gleichzeitigen Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität und der Wärmepumpen für die Heizung wächst die Bedeutung des Verteilnetzes. Daher müssen die Netze entsprechend umgerüstet und für die neuen Herausforderungen ertüchtigt werden.
Der physische Ausbau der Netze reicht alleine nicht aus. Ohne die Instrumente der Digitalisierung wird er ineffizient und zu teuer sein. Für einen kosteneffizienten Betrieb und Ausbau wird es nötig, den Zustand der Netze zu kennen und zu verstehen.
Der Ausbau der Messtechnik im Netz und beim Verbraucher ist eine wichtige Grundlage für den Einsatz digitaler Instrumente. Mit realen Echtzeitdaten kann der Zustand der Netze festgestellt, die Entwicklung simuliert und optimiert werden.
Die entscheidenden Fragen nach der richtigen Reihenfolge und den nächsten Schritten muss jeder Verteilnetzbetreiber für sich beantworten. Fest steht nur, je mehr Daten vorhanden sind und je mehr über den Zustand des Netzes bekannt ist, desto gezielter und effizienter kann ein Netzausbau erfolgen. Daher sollte der Ausbau der Messtechnik und die Analyse der Daten, beispielsweise mit deinem digitalen Zwilling, an oberster Stelle stehen.
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Die Ausarbeitung wurde von Andreas Kühl verfasst. Experte, Autor und Content-Creator für fundierte Texte rund um die Energiewende, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Gerne in seinem Blog energynet vorbeischauen.
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